Zur kulinarischen Sektreise starteten mit den Gästen in der Waldsägmühle: Küchenchef Ulrich Grampp, Hausherrin Sabine Ziegler und Bertram Haak, Vertriebsleiter der Sektkellerei Kessler.
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Pfalzgrafenweiler-Kälberbronn (k-w). Da staunten selbst überzeugte Sektkenner nicht schlecht: Kaum switchte das Licht in der Zinsbachstube von Rot auf Blau um, schmeckte der Riesling plötzlich schal. Nichts war von seiner Spritzigkeit geblieben.
Bertram Haak, Vertriebsleiter der ältesten Sektkellerei Deutschlands, war es wieder einmal gelungen, die Geschmacksnerven seiner Zuhörer hinters Licht zu führen. Sein Tatort: die Waldsägmühle in Kälberbronn, wo er mit den Gästen zu einer Reise durch die jahrhundertealte Geschichte prickelnder Gaumenfreuden startete. Diese hatten sich auf einen experimentellen Abend eingelassen, in der auch Georg Christian Kessler und sein besonderer Bezug zum Buhlbachtal eine Rolle spielten.
Ulrich Grampp und sein Küchenteam begleiteten die lukullische Reise mit einem fantasievollen Menü. Egal, ob Wildkräutersalat mit gebackener Auster, Hummersuppe mit marinierter Jakobsmuschel, Steinbuttschnitte mit Thaispargel oder Mascarponemousse und Basilikumeis: Rosé, Riesling, Blanc Reserve, Chardonnay oder Cabinet machten jeden der sieben Gänge zu einem vollmundigen Erlebnis. Kein Wunder, sagte Bertram Haak, denn Sekt korrespondiert hervorragend zu Speisen, weil er im Gegensatz zu Wein keine störenden Gerbstoffe in sich trägt.
Bevor das Medaillon vom Hirschrücken auf Birne-Bohnen-Speck servierte wurde, enthefte der Sommelier auf der Terrasse gekonnt einen frisch gerüttelten Hochgewächs-Chardonnay aus dem alten Esslinger Gewölbekeller, der seinen urtümlichen Geschmack spontan entfaltete. Ein seltener Hochgenuss, denn normalerweise wird enthefter Sekt mit der Dosage gleich wieder aufgefüllt und die Flasche fest verschlossen.
1826 hatte sich Georg Christian Kessler in seiner Not an die Glasmanufaktur Buhlbach gewandt, nachdem die Hälfte seiner ersten 8000 Sektflaschen im Zuge des Gärungsprozesses explodiert waren. Böhringers Buhlbacher Schlegel hielt dem hohen Druck stand und die Sektherstellung in Deutschland nahm ihren Lauf.
Der später geadelte Kessler hatte die Kunst der Champagner-Herstellung aus Reims mitgebracht, wo er zum Teilhaber der berühmten Manufaktur Veuve Clicquot aufgestiegen war. Zurück in Württemberg konnte er freilich nicht ahnen, dass Ärzte Anfang des 20. Jahrhunderts seinen Medicinal-Champagner wegen der heilenden Wirkung sogar auf Rezept verabreichten. Zu seinen Lebzeiten wurde freilich Kesslers Jägergrün am Königshof gereicht. Auch Adenauer schmeckte er so gut, dass der ihn bei Staatsempfängen reichen ließ.
Mittlerweile sind die Deutschen Weltmeister im Sektverbrauch, lassen jährlich 440 Millionen Flaschen abfüllen, davon allein 1,4 Millionen in Esslingen. Pro Flasche wandern heute noch 1,02 Euro in den Staatssäckel – ein Relikt aus jener Zeit, als die deutsche Kriegsflotte auf die Sektsteuer angewiesen war.
Und wie die Farben in der Waldsägmühle für Emotionen sorgten, wirkten auch Bertram Haaks Eigenkompositionen und seine Bilderfolgen intensiv auf die muntere Gästeschar. „Ich zolle dem Perfektionisten auf der Bratsche größten Respekt“, sagte Küchenchef Ulrich Grampp zu vorgerückter Stunde unter dem Beifall der Genießer, „er hat uns nicht nur mit seinem herausragenden Fachwissen, sondern auch mit seiner musikalischen Höchstleistung einen wunderbaren Abend geschenkt.“
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