22 Roboter hat MartinMechanic auf einer Fläche von 153 Quadratmeter für die Produktion von Dämpfungssystemen für die Automobilindustrie in der MAM211617 verbaut.
Bild: MartinMechanic
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Nagold (k-w). Wie rasant die Anforderungen an die Automatisierungstechnik steigen, davon zeugt die zweite Anlagengeneration für den Bau von Dämpfungssystemen, die MartinMechanic für einen Kunden in der Automobilindustrie entwickelt hat. Schon eineinhalb Jahre nach Inbetriebnahme der ersten Anlage hat der Sonderanlagenbauer die Zahl der Roboter in der Anlage von elf auf 22 verdoppelt. Dadurch meistert die MAM211617 ein wesentlich breiteres Produktportfolio.
Denn ihre Vorgängerin konnte nur eine Variante eines Dämpfungssystems für Türen und Klappen produzieren, während sich auf der neuen Anlage 12 unterschiedliche Modellvarianten in verschiedenen Größen herstellen lassen. So können zum Beispiel der Rückstellhub und die Rückstellkraft vollautomatisch so eingestellt werden, dass die Tür jeweils kontrolliert ins Schloss fällt. Die dafür eingesetzten Roboter beeinflussen je nach Arbeitsauftrag den Dämpfungsweg, also mit welchem Kraftaufwand und welcher Geschwindigkeit das passiert.
Insgesamt 19 Scara-Roboter der Marke Yamaha und drei Sechs-Achs-Roboter der Marke Fanuc machen die auf über 153 Quadratmeter Stellfläche angewachsene Automationszelle auch bei anderen Arbeitsschritten deutlich leistungsfähiger. Im Prinzip besteht diese Anlage, die im Drei-Schicht-Betrieb jährlich 1,1 Millionen Teile produziert, aus vier Arbeitszellen, nämlich der Teilebereitstellung, der Baugruppenmontage, der Prüfzelle und der Fertigmontage. Ihr „Gehirn“ ist die SPS-Steuerung S7-1550F von Siemens, wobei das „F“ für „Fehlersicherheit“ steht. Die Entwicklungs- und Fertigungszeit bis zur Auslieferung der gigantischen Anlage umfasst 14 Monate, wobei der Einsatz von 22 Roboter bis ins Detail koordiniert werden musste.
Der Werker bedient die SPS-Steuerung mit Hilfe eines fest installierten Bildschirms sowie zweier mobiler Panels. Er schiebt den Hubwagen mit den beiden Europaletten, auf denen 60 Gehäuse jeweils mehrlagig in einer Box übereinander gestapelt liegen, in die erste Arbeitsstation ein. Der Sechs-Achs-Fanuc-Roboter M 20iA beginnt jedoch aus Sicherheitsgründen erst dann mit seinem Flächensäuger jeweils zehn Gehäuse aufzunehmen und sie lose auf dem Zutrageband abzulegen, nachdem der Werker die Zugangstür wieder sicher verschlossen und die Anlieferung quittiert hat.
Jetzt bedient sich der Roboter im Wechsel aus beiden Boxen. Ein Seitenhub schiebt die Gehäuseteile, die von ihm auf dem Zutrageband abgelegt wurden, gegen einen Festanschlag, um sie zu auszurichten.
Bei der nachgeschalteten Übergabestation legt ein Scara-Roboter die Gehäuse in die Separierstation ein. Dabei wird ihre Unterseite mit einem Spannzylinder fixiert. Ein zweiter Scara-Roboter entklippt mit seinem Vakuumgreifer die Gehäuseoberseite. Anschließend entnimmt der Vier-Achs-Roboter mit seinem zweiten Greifer die Unterseite aus der Übergabestation. Ober- und Unterseite können nun nacheinander auf dem doppelspurigen Werkstückträgersystem abgelegt und in den Produktionsumlauf gebracht werden. Zur Erreichung der enorm schnellen Ziel-Zykluszeit von sechs Sekunden werden wiederum immer zwei Produktionsspuren im Wechsel belegt. Über elf Zuführtöpfe kommen die verschiedenen Bauteile, die in die Unterseite eingelegt werden, an den Montageplätzen vereinzelt an. Die Bunker werden jeweils vom Werker befüllt.
Entsprechend den 12 unterschiedlichen Varianten, die die MAM211617 produzieren kann, gibt es zwar vier unterschiedliche Einlegerahmen, doch wird immer sortenrein und auftragsbezogen produziert. Die quadratischen Werkstückträger sind auf allen Seiten 360 Millimeter lang und können jeweils für drei unterschiedliche Varianten genutzt werden. Insgesamt sind immer 60 von ihnen im Umlauf. An den nachfolgenden Stationen werden Mithilfe von Scara-Robotern der Marke Omron-Yamaha die Brücke (alternativ in längerer Ausführung), die Rastnase und der Öldämpfer zugeführt, letzterer über einen Stufenförderer. Sie werden anschließend in einem Zwischenschritt im Einlegerahmen montiert. Es folgen im Zuge der Baugruppenmontage das Einlegen der Zugfeder, die Positioniereinheit, Positionierstifte und das Auflegen der Abdeckkappe. Die Positionierstifte dienen der Herstellung unterschiedlicher Varianten; sie werden über Zylinder auf dem Werkstück-Träger jeweils in die richtige Ausgangslage gebracht.
Mithilfe der Bildverarbeitung wird nach der Baugruppenmontage überprüft, ob alle Teile richtig platziert und verbaut worden sind. Denn sind Unterseite und Deckel des Gehäuses erstmal verschweißt, ist das Innere natürlich nicht mehr zugänglich. Die Prüfzelle ist mit abgedunkelten Scheiben und einem Dach ausgestattet, um Störfaktoren von außen auszuschließen. Die Kamera wurde lotrecht über dem Werkstück-Träger angebracht, und die Zelle verfügt über eine Hintergrund-Beleuchtung. Deshalb ist die Prüfung auch auf dem Monitor visuell nachvollziehbar.
In der Fertigmontage wandern die Gehäuse zunächst in die Reinigungsstation. Eine Plasmadüse fährt alle Konturen des Bauteils ab und säubert die Oberfläche. Denn für das Ultraschweißen sollten die Teile frei von Verschmutzungen sein. Ein weiterer Omron-Roboter setzt den Deckel auf die Unterseite. Im Werkstückträger läuft nun das fertig montierte Gehäuse zur nächsten Station, wo es angehoben wird, damit Ober- und Unterseite aufeinandergepresst werden können. Mittels Hochfrequenz werden die Teile miteinander verschweißt. Dazu senkt sich die Ultraschall-Sonotrode mit einer Kraft von 3500 Newton auf das zusammengefügte Bauteil. Die Ultraschall-Schwingungen erzeugen bei einer Frequenz von 20.000 Hertz eine homogene Verfestigung der Fügenaht im Zehntel-Millimeter-Bereich.
Nun muss noch die Kinematik der Rastnase, die für das langsame Schließen des Dämpfungssystems eingebaut wurde, geschmiert werden. Um ihre Gleiteigenschaften zu verbessern, fährt eine Dosiernadel in die Rastnase ein, um den Fettpunkt mit 50 bar aufzutragen. Zur Prüfung der Schließkraft wird das Bauteil gegen einen Kraftsensor gedrückt. Entspricht das Testergebnis nicht dem im Steuerungsprogramm hinterlegten Sollwert, wandert das Bauteil in die Schlechtteile-Box.
Alle Bauteile, die in Ordnung sind, werden dann mit einem QR-Code beschriftet. Dazu legt sie der Scara-Roboter in die Laserstation ein. Die Wärme des CO2-Lasers sorgt für einen Farbumschlag, wodurch der Schriftzug auf dem Gehäuse sichtbar wird.
Zum Schluss kommt der Sechs-Achs-Roboter Fanuc LR Mate 200 iD/7L, zum Einsatz. Das fertige Bauteil ist inzwischen über 18 Stationen fast zum Ausgangspunkt zurückgewandet. Er legt das beschriftete Bauteil auf einem Austrageband ab, über das es direkt zum nächsten Montageplatz wandert.
Wichtig war, eine derart große und komplexe Anlage wartungsfreundlich zu konzipieren. So wurde zum Beispiel am Kopf der MAM211617 eine Podestleiter installiert, damit der Werker alle Arbeitszellen schnell und problemlos erreichen kann. Außerdem wurden alle Schaltschränke auf dem Zellendach angebracht, sodass die Anlage von allen vier Seiten gut zugänglich ist.
Weitere Infos: www.MartinMechanic.com.
7.007 Anschläge – Abdruck honorarfrei
MartinMechanic ist ein von Friedrich Martin gegründetes mittelständisches Unternehmen, das seit über 50 Jahren Standard- und Sonderanlagen plant und baut. Heute wird der Familienbetrieb in Nagold erfolgreich von seinen Söhnen Claus und Frank Martin geführt. Das Spektrum realisierter Lösungen reicht von kleinen Vorrichtungen bis hin zu komplexen Anlagen. Das Alles-aus-einer-Hand-Prinzip der schwäbischen Tüftler beinhaltet sowohl Projektierung und Konstruktion als auch Teilefertigung, Schlosserei und Steuerungsbau sowie die mechanische und elektrische Inbetriebnahme. Vor ihrer Auslieferung durchläuft jede Anlage einen umfassenden Testlauf bei MartinMechanic unter realitätsnahen Bedingungen. Die weltweiten Kunden vertrauen auf gute technische Lösungen, die sauber umgesetzt werden, verbunden mit einem optimalen Service.